Reden

Allgemeine politische Rede der Regierung - Premierministerin Sophie Wilmès

Nur das gesprochene Wort zählt.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

verehrte Kolleginnen und Kollegen! 

 

Heute Morgen wurde die Regierung vor dem König vereidigt.

 

Es war ein ebenso würdevoller wie wichtiger Moment, angesichts des Ernstes der Lage, in der wir uns befinden. Dies zeigt sich in der sehr ungewöhnlichen Art und Weise, in der das Parlament heute arbeitet.

 

Deshalb stehe ich vor Ihnen, klar und entschlossen.

 

Ich bin unserer aller Aufgabe voll und ganz verpflichtet.

 

Zu einem Moment, in dem die Welt, Europa und Belgien eine noch nie dagewesene Entwicklung durchlaufen. 

 

Die Bedrohung durch Covid19 stellt eine ernsthafte gesundheitliche Bedrohung für unser Land und unser Volk dar. Dies erfordert beispiellose und außergewöhnliche Maßnahmen zum Schutz unserer Mitbürger.

 

Dafür müssen wir in nationaler Einheit zusammenarbeiten.

 

Hand in Hand.

 

Die Beziehung zwischen Parlament und Regierung muss stark sein. Sie muss von gegenseitigem Vertrauen geprägt sein.

 

Angesichts der extremen Dringlichkeit der Situation war einer sehr großen Mehrheit der Parteien in dieser Versammlung deutlich, dass so schnell wie möglich eine Regierung eingesetzt werden musste.

 

Diese große Union ist, so glaube ich, notwendig, um die aktuellen Herausforderungen bewältigen zu können.

 

Herausforderungen, vor denen das Pflegepersonal an vorderster Front steht, weil es unsere Kranken aufnimmt und betreut.

 

Diese Frauen und Männer sind trotz der schwierigen Umstände voll im Einsatz.

 

Ihr Einsatz ist bemerkenswert und ihr Mut vorbildlich.

 

Und sie sind nicht die einzigen.

 

Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor setzen sich zahllose Mitbürger täglich dafür ein, dass Belgien weiterhin funktionieren kann.

 

Sie tun dies aus Pflichtgefühl, wobei sie selbst – zum größten Teil – besorgt sind.

 

Wir wissen das, und wir sind ihnen dafür unendlich dankbar.

 

All diese Menschen sollten uns tagein, tagaus Vorbild sein, in uns ein individuelles beziehungsweise kollektives Verantwortungsbewusstsein wecken.

 

Sie machen uns die absolute Notwendigkeit bewusst, die Regeln einzuhalten, um zu vermeiden, dass wir uns selbst gefährden oder andere Menschen anstecken und damit das Risiko einer Überlastung unserer Krankenhäuser eingehen.

 

Wir sind alle von dieser Pandemie betroffen, und zwar unterschiedslos.

 

Es liegt an uns, UrteilsvermögenGemeinsinn und Solidarität zu zeigen.

 

Die Entwicklung von Covid19 in unserem Land wird bereits seit mehreren Wochen – Tag für Tag, Stunde für Stunde – von unseren zuständigen Stellen verfolgt.

 

Unsere oberste Priorität ist nach wie vor, Wege und Mittel zu finden, um alle Personalressourcen zu mobilisieren, damit sich die Krankenhäuser ausschließlich auf die Behandlung der Patienten konzentrieren können. 

 

Die Regierung und alle für die öffentliche Gesundheit zuständigen Stellen werden mobilisiert, auch in der Frage der Verfügbarkeit der medizinischen Ausrüstung und Pflegeausstattung.  

 

Wir stehen in ständigem Austausch mit unseren wissenschaftlichen und medizinischen Experten aber auch mit dem Krisenzentrum, um die Situation zu erfassen und die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Kern und ich nach dieser Sitzung mit den föderalen Stellen, den Ministern und den zuständigen Abteilungen des Nationalen Sicherheitsrates zusammenkommen werden, um den letzten Bericht der Risk Management Group auszuwerten und gegebenenfalls schnelle zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit unserer Mitbürger zu ergreifen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

verehrte Kolleginnen und Kollegen! 

 

Wir wissen, dass die bisher getroffenen Maßnahmen auch deutliche sozioökonomische Folgen haben. Deshalb haben wir bereits ein erstes Maßnahmenpaket verabschiedet und setzen nun unsere Arbeit fort – um die Auswirkungen für alle Wirtschaftsakteure so weit wie möglich abzufedern.

 

Zu diesem Zweck wurde eine makroökonomische Überwachungsstelle – die ERMG („Economic Risk Management Group“) – eingerichtet. 

 

Sie soll es erlauben, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie für Unternehmen und für die Menschen am Arbeitsplatz zu identifizieren.

 

Belgien muss sich seiner Stärken bewusst werden und diese einsetzen.

Ich habe absolutes Vertrauen in die Fähigkeit aller, dies zu bewerkstelligen. 

 

Diese geschäftsführende Regierung ist sich direkt der Situation in Belgien bezüglich der Pandemie bewusst geworden. Wir haben gehandelt.

 

Unsere Maßnahmen im Kampf gegen das Virus werden umso effizienter sein, wenn sie eine breite Unterstützung finden.

 

Unsere oberste Priorität war es, die verschiedenen Regierungsstellen zusammenzubringen. In diesem Sinne haben wir umgehend regelmäßige Sitzungen des Konzertierungsausschusses einberufen.

 

Wir haben auch dafür gesorgt, dass die Ministerpräsidenten in den Nationalen Sicherheitsrat einbezogen werden. 

 

Die Konzertierung mit den föderalen Stellen war von Beginn der Krise an wichtig.

 

Ich danke hiermit den Verantwortlichen der föderalen Landesteile für ihre tragende Rolle, die sie bei der Bewältigung der Pandemie in unserem Land spielen.

 

Wir brauchen heute eine stabile parlamentarische Mehrheit, um dieses Virus gemeinsam zu bekämpfen.

 

Mein Team und ich sind uns bewusst, dass die am vergangenen Sonntag von der Mehrheit der politischen Parteien in unserem Land erzielte Vereinbarung eine große Verantwortung mit sich bringt.

 

Diese Union beruht auf einem grundlegenden Prinzip: der amtierenden Regierung die umfängliche Vollmacht zur Bewältigung dieser Krise durch ein Vertrauensvotum zu gewähren.

 

So verpflichten wir uns:

-       das Gesundheitsmanagement während der Coronavirus-Krise zu übernehmen

-       die Verwaltung und öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten

-       aber auch, die sozioökonomischen Probleme abzufedern, mit denen Arbeitnehmer und Selbständige konfrontiert sind.

 

Wir schlagen eine Abstimmung über die vorläufigen Zwölftel mit nur einem einzigen Änderungsantrag vor, nämlich eine ressortübergreifende Rückstellung von einer Milliarde Euro, die ausschließlich für den Kampf gegen das Coronavirus verwendet werden soll. 

 

Wir müssen auch Schritt für Schritt die Wiederaufnahme der Wirtschaftsaktivitäten und die konjunkturellen Maßnahmen vorbereiten, sobald die Krise hinter uns liegt.

 

Diese Ziele könnten für folgende Bereiche auch durch die Aktivierung der sechsmonatigen Sondervollmachten – mit einer Überprüfung nach drei Monaten – erreicht werden:

-       öffentliche Gesundheit

-       Soziales einschließlich Arbeitsrecht;""

-       Sicherheit

-       und die Wirtschaft

 

Dies alles sind Themen, die natürlich mit den verschiedenen Vertretern der politischen Parteien geklärt und ausgearbeitet werden, bevor sie der Abgeordnetenkammer zur Abstimmung vorgelegt werden.

 

Die Ausübung der Sondervollmachten muss in jedem Fall am Ende dieses Zeitraums vom Parlament überprüft werden.

 

Angesichts des Ausnahmecharakters der Situation habe ich auch vorgeschlagen, dass sich der Kern regelmäßig und wann immer nötig, mit den Vertretern der beteiligten Parteien trifft, um die Transparenz der Wahrnehmung der Vollmachten zu gewährleisten. 

 

Das Vertrauen zwischen dem Parlament und dieser Regierung muss durch eine Abstimmung heute Nachmittag formalisiert werden.

 

Diese Abstimmung wird es der Regierung ermöglichen, ihre Sondervollmachten in vollem Umfang wahrzunehmen. 

 

Wir werden dieses Vertrauen in einer fairen Weise zum Kampf gegen das Coronavirus und innerhalb des von mir soeben umrissenen Rahmens nutzen.

 

Darüber hinaus werde ich spätestens in sechs Monaten wieder um das Vertrauen des Parlaments bitten. Damit bleiben wir innerhalb des Rahmens einer geschäftsführenden Regierung für alle Themen außerhalb dieser Krise.

 

Das Ziel muss die Bildung einer föderalen Regierung bleiben, die eine parlamentarische Mehrheit und ein globales, positives Projekt für unser Land hat.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

verehrte Kolleginnen und Kollegen! 

 

Die Stunde der Einheit hat geschlagen.

 

Die Zeit ist gekommen sich zu einen; eine Union zu bilden, die über die Reihen dieser Versammlung hinausgeht.

 

Das ganze Land muss seine Kräfte angesichts dieser Herausforderung bündeln. 

 

Die nationale Einheit lässt sich nicht an einem Sonntagabend verordnen. 

 

Sie wird jeden Tag und jede Stunde in diesen schwierigen Zeiten geschmiedet. 

 

Alle politischen Gruppierungen müssen ihre Unterstützung der erzielten Vereinbarung unter Beweis stellen, indem sie sich systematisch für den Dialog, einen konstruktiven Ansatz und das Bewusstsein für das Ausmaß der Geschehnisse entscheiden. 

 

Sie können sich darauf verlassen, dass diese Regierung jederzeit allen Reformideen, allen Maßnahmen und allen konstruktiven Vorschlägen gegenüber offensteht, die zu den nationalen Bemühungen beitragen. 

 

Gemeinsam müssen wir nun jeden Tag beweisen, dass wir die sterilen ideologischen Auseinandersetzungen, in denen wir uns in den letzten Monaten zu sehr verloren hatten, überwinden können. 

 

Wie ich zu Beginn dieser Erklärung erwähnte, stehe ich vor Ihnen, in vollem Bewusstsein des Kontextes, der mich hierher führt, aber auch entschlossener denn je.

 

Mit einem einfachen und einzigen Ziel: die Gesundheit unserer Bevölkerung zu schützen.

 

Dies ist kein „Programmpunkt“. 

 

Dies ist unsere elementarste Pflicht.

 

Und wir werden sie – so hoffe ich – mit dem Vertrauen dieses Parlaments erfüllen können.

 

Ich danke Ihnen.