Königsfest
Sehr geehrte Damen und Herren,
geschätzte Kollegen,
am Freitagabend wurde das französische Volk hart geprüft. Unschuldige Bürger wurden feige ermordet, von Tätern, die keine Gnade kannten. Europa wurde ins Herz getroffen.
Im Namen aller Belgier möchte ich heute der Opfer, ihrer Familien und ihrer Freunde gedenken.
Ich hatte die Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem König. Er bat mich, Ihnen folgende Botschaft zu überbringen.
„Der König ermisst den tiefen Schmerz, den die Angehörigen aller Attentatsopfer gestern in Paris empfunden haben. Er appelliert an uns, jetzt mehr denn je die Werte wie die Achtung vor dem anderen, die Überwindung von Vorurteilen und die Ablehnung von Gewalt zu leben, zu verteidigen.“
„Seine Majestät will seinem Mitgefühl für die Opfer Ausdruck verleihen und ruft uns auf, mehr denn je die Achtung vor dem anderen zu verteidigen. Und vor allem jeder Form von Gewalt zu entsagen“.
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Terror hat einen hohen Zoll gefordert. Und dies ganz nah bei uns daheim. Viele Menschen, die ahnungslos zu einem Fußballspiel, ins Restaurant oder zu einem Konzert gingen, haben ihr Leben verloren.
So viele Menschen wurden vom Tod getroffen. Wir empfinden Abscheu und Wut. Wir sind traurig und besorgt.
Ich will deutlich werden: Unsere Solidarität mit Frankreich ist absolut.
Alle Franzosen können auf unsere Unterstützung rechnen. Und diese Botschaft habe ich auch dem französischen Präsidenten persönlich mitgeteilt.
Heute ist die Verbundenheit unserer beiden Länder noch tiefer.
Die Trauer ist kollektiv. Die Trauer der Familien. Die Trauer der Freunde. Die Trauer aller Demokraten. Es ist die Trauer all jener, die Freiheit und die demokratischen Werte schätzen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Schulter an Schulter kämpfen wir gegen Terrorismus und Radikalismus. Die Terroristen haben uns schwer getroffen. Doch wir sind fest entschlossen, unsere Form des Zusammenlebens zu verteidigen.
Und ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam diese Prüfung meistern werden.
Wir werden nicht in ihre Falle tappen. Die Terroristen wollen uns auseinanderdividieren, Angst und Schrecken verbreiten. Sie wollen unser Zusammenleben stören. Doch ich sage Ihnen: das wird nicht geschehen.
Terrorismus ist die feigeste Art des bewaffneten Kampfes.
Diese abscheulichen Morde beging ein Feind ohne Gesicht. Ein Feind, der mordet. Ein Feind, der Hass verbreitet.
Und natürlich wollen diese Attentate etwas bezwecken.
Die Täter wollen Panik säen.
Und vor allem ... die Terroristen wollen unsere Demokratie treffen.
Sie wollen uns destabilisieren.
Die Täter streben nur nach Hass und Zwietracht.
Trotz unseres Schmerzes müssen wir uns aufrecht stehen.
Die Untersuchungen müssen und werden Deutlichkeit schaffen, auch was die Aufdeckung der Verbindungen zu Belgien angeht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir leben nicht in homogenen Gesellschaften.
Wir leben in Gesellschaften mit unterschiedlichen Weltanschauungen, Nationalitäten und Kulturen.
Das ist ein Gewinn ... Vorausgesetzt, alle teilen die gleichen fundamentalen Wertvorstellungen: Freiheit, Gleichheit, Trennung von Staat und Kirche sowie die Achtung der Menschenrechte ...
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Täter behaupten, andere Menschen im Namen Allahs zu ermorden.
Sie lügen ... Niemand tötet im Namen einer Religion. Sie töten im Namen des Hasses.
Der Islam ist eine friedliche Religion, voller Mitgefühl und Toleranz. Die Terroristen MISSbrauchen den Islam in ihrem Kampf für einen totalitären Staat.
Er besteht kein Zweifel. Der Islam hat nicht zu tun mit Terroristen.
Der amerikanische Präsident Franklin Roosevelt erklärte einst, und ich zitiere: „Das Einzige, vor dem wir uns fürchten sollten, ist die Angst selbst."
Die Terroristen wollen Angst und Hass verbreiten. Unsere Antwort hierauf lautet Kaltblütigkeit und Entschlossenheit.
Wir haben es mit einem Feind ohne Glauben und Moral zu tun. Ohne Gesicht. Ein Feind, der feige mordet.
Ich sage es Ihnen mit Gefasstheit und Entschlossenheit. Wir schlagen eine neue Seite in der Geschichte Europas auf.
Und dabei geht es darum, welche Vorstellung man sich von dem Begriff Menschlichkeit macht.
„Alle Menschen werden frei und gleich geboren“.
Das ist das Fundament unserer Vision der Welt. Und der Beziehung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft.
Toleranz ist das Akzeptieren des Andersseins. Es ist die Achtung vor dem anderen, vor seiner Art zu leben, zu denken oder zu lieben.
Allerdings dürfen wir das Intolerable nicht dulden.
Wir dürfen niemals die Negierung der Menschlichkeit durch jene, die Hass und Tod verbreiten, akzeptieren.
Ich weiß um das Verantwortungsbewusstsein der Regierungen und Parlamente der demokratischen Welt.
Es ist die Ehre aller Demokraten, die Feinde der Freiheit unter Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der universellen Werte auszumerzen.
Meine Damen und Herren,
es gibt mindestens zwei Formen der Negierung des Andersseins: den Rassismus und den Fanatismus.
- Rassismus bedeutet, jemanden auszugrenzen, weil er anders ist.
- Fanatismus bedeutet, den anderen zu zwingen so zu werden, wie man selbst ist. Das ist die Negierung der Freiheit des anderen.
Fanatiker und Rassist, beide hassen das Anderssein.
Wir Demokraten gestalten unser Schicksal selbst.
Wir müssen uns mobilisieren, tagein, tagaus.
Wir müssen jeden Tag aufs Neue das Gift des Rassismus und Fanatismus bekämpfen.
Es heißt, miteinander und nicht nebeneinander zu leben.
Ein Leben in gegenseitiger Achtung. Ein Leben in Frieden und Sicherheit. Darum geht es nun auf der neuen Seite in der Geschichte Europas.
Unsere Rechte und Freiheiten sind nicht verhandelbar. Bei der Verteidigung der uns am Herzen liegenden Werte werden wir uns kompromisslos zeigen.
Wir geben der Angst nicht nach! Wir geben dem Hass nicht nach! Und weniger noch dem Verlangen nach Rache!
Im Kampfe gegen die Barbarei stehen wir zusammen.
Wir sind geeint im Kampf gegen den Terrorismus. Gegen den Radikalismus. Gegen den Fanatismus.
(Schluss)
Wir stehen heute unter Schock. Doch wir müssen unseren Blick über unsere Gefühle und Bestürzung hinaus richten. Wir sind verpflichtet, an morgen zu denken.
Viele Menschenleben sind zerstört. Die Attentate lasten auf unseren Werten und Freiheiten.
Ich weigere mich, zwischen Sicherheit und Freiheit wählen zu müssen. Beides geht Hand in Hand.
Deshalb rufe ich hier und jetzt dazu auf:
Lassen wir zusammenstehen. Lassen wir gemeinsam Hass und Intoleranz die Faust entgegenrecken.
Ich rufe hier vor Ihnen alle Demokraten auf, sich zu vereinigen.
Gegen Hass und Intoleranz. Gegen Fanatismus und Terrorismus.
Lehnen wir es ab, uns zwischen Recht auf Sicherheit und Freiheit zu entscheiden.
Wir stehen zu unserer Überzeugung als Demokraten, zu unseren Freiheiten.
Wir sind stolz, auf die universellen Werte zu vertrauen.
„Alle Menschen werden frei und gleich geboren“.
Wir sind geeint. Wir stehen aufrecht.
Ich danke Ihnen.